Artikel in der Kleinen Zeitung: In die Wiege gelegt

In der Sonntagsbeilage der Kleinen Zeitung vom 12. April 2015 habe ich Einblicke in das 1×1 der Beziehungen gewährt. 

Die Redakteurin, Frau Sonja Saurugger, war sehr freundlich und es hat Spaß gemacht mit ihr zusammen den Beitrag für die Sonntagsbeilage zu gestalten. Ich hoffe, dass wir den Lesern vermitteln konnten, wie Beziehungen funktionieren und das man stets an seiner glücklichen Zukunft arbeiten muss.

Es folgt der abgetippte Artikel sowie Bilder im Anschluss:

In die Wiege gelegt.

Warum wir uns Partner suchen, die wie unsere Eltern sind, um Verletzungen der Kindheit aufzuarbeiten: Paartherapeutin Doris Jeloucan erklärt die Muster des Verliebens.

Das Hauptklientel der Paartherapeutin? „Sind Singles“, sagt Doris Jeloucan in ihrer sonnendurchflutenden Praxis. Singles hätten nämlich den größten Leidensdruck: der Mensch als Säugetier seht sich nach der intimen Bindung zur Artgenossen und bekommt gleichzeitig von der Gesellschaft vorgezeigt, dass der Naturzustand für den Einzelnen die Verbindung mit einem zweiten Einzelnen ist. Und obwohl der Single von heute kein zurückgezogener, schüchterner Eigenbrötler ist, sondern viele von Jeloucans Patienten sehr gut ausgebildet, sehr erfolgreich  und sehr attraktiv sind, will es mit der langfristigen Beziehung nicht funktionieren.

„Wir haben alle gelernt, was wir tun müssen, um jemanden kennen zu lernen“, sagt Jeloucan. Und bezieht sich auf das technische Wissen über das richtige Aussehen oder den besten Satz zum Erstkontakt – gelernt aus Hochglanzmagazinen oder Selbsthilfe-Büchern. „Dadurch ist man aber nicht authentisch“, zeigt Jeloucan einen Grund auf, warum es mit der echten Bindung nicht funktioniert. Ein anderer sind sogenannte Bindungsverletzungen: Narben, die man aus anderen Beziehungen oder aus der allerersten Beziehungserfahrung innerhalb der Familie erlebt hat. Solche Narben machen es schwierig, Nähe zuzulassen.

Mögliche Partner im richtigen Alter gibt es ja nicht wenige – doch warum ist es dann, der oder die eine, bei dem die magische Anziehungskraft durchschlägt? „Wir gehen mit einem Filter vor den Augen durch die Welt“, sagt Jeloucan. Und diese Verliebtheitsbrille sei darauf eingestellt, den Partner zu finden, der die guten und schlechten Eigenschaften der Eltern in sich vereint. „Ich will mich mit dem Partner fühlen, wie ich mich als Kind gefühlt habe“, sagt Jeloucan. Die Eltern stellen die allerersten Beziehungserfahrungen dar – und die prägt uns für das Leben. „Verletzungen, die wir in der Kindheit erfahren, müssen wir mit Partner wieder aufarbeiten“, sagt Jeloucan. Extrembeispiele seien zum Beispiel Frauen, die einen trinkenden Vater hatten und immer wieder Beziehungen mit Trinkern eingehen. „Wir begeben uns immer wieder in diese Situation, bis wir gelernt haben, damit umzugehen“, sagt Jeloucan. Das sei ein Heilungsprozess für unser Gehirn.

Hat das mit dem Verlieben funktioniert, folgt ein fantastischer Rauschzustand: Wer verliebt ist, fühlt sich unkaputtbar, schöner und attraktiver. Doch der Hormoncocktail im Gehirn ist nicht von Dauer: Nach 18 Monaten klingt der Überschwang ab, die rosarote Brille fällt. Und dann passiert folgendes: „genau das, was wir vorher am Partner geschätzt haben, geht uns dann auf die Nerven“, sag Jeloucan. Die sensible, einfühlsame Freundin ist plötzlich hysterisch, der ruhige Freund, der so gut zuhören konnte, ist plötzlich ein verschlossener Langweiler. An diesem Punkt enden viele Beziehungen: „So entstehen Serien-Monogamisten“, sagt Jeloucan und meint Menschen, in deren Lebensgeschichte sich Kurzbeziehung an Kurzbeziehung reibt. Andere suchen sich einen neuen Kick: Kind kriegen, Haus bauen. „Oder flüchten sich in die Arbeit, in Extremfällen sogar in Krankheiten oder Sucht“, sagt Jeloucan.

„Jede Beziehung ist ein Reifungsprozess“, sagt Jeloucan. Schließlich haben wir uns den Partner ausgesucht, um Verletzungen der Kindheit aufzuarbeiten – und das muss bewusst geschehen. „Daher sollte man den anderen nicht kritisieren, sondern genau an diesen Punkten arbeiten“, sagt Jeloucan. Schafft man das, erlebt man einen Aha-Moment: „Es ist als ob der Blitz einschlägt, weil man plötzlich versteht, warum man worauf reagiert“, sag Jeloucan.

Wer jetzt bereit ist, sich zu verlieben, sollte sein Gepäck in Ordnung bringen: „man kann eine Beziehung beenden, aber nimmt immer einen Rucksack mit“, sagt Jeloucan. Daher sollten auch Singles schon Beziehungsarbeit betreiben: „Man sollte sich bewusst werden. was man in einer Beziehung braucht. Sind mir Nähe oder Sicherheit wichtig?“, rät Jeloucan. Hat man so sein Packerl hergerichtet, ist man bereit für einen neuen Rausch – und auch mehr.

Zur Person: Doris Jeloucan ist Beziehungspsychologin in Graz. Sie bietet ein spezielles Singletraining an, das auf den Konzepten der Imago-Paartherapie beruht. Auch Paartherapie und Gruppencoaching bietet die Psychologin an.

© Kleine Zeitung, Sonja Saurugger



Wann wurde der Artikel veröffentlicht?

In der Sonntagsbeilage der Kleinen Zeitung am 12. April 2015.

Weitere Artikel in der Kleinen Zeitung?

Warum werde ich immer im Urlaub krank?

Liebe in Zeiten der Ferien

Was wir uns schenken können

Ziel Start Sieg

Weitere Fragen dazu?


Artikel als PDF downloaden: